Die Sauerland-Waldroute (4) Vom Diemelsee zum Rittersprung



Donnerstag,
23.11.2023

Kilometer
20,6

Höhenmeter
↑ 418 / ↓ 533

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Die heutige Etappe stand noch einmal sinnbildlich für alle Reize und Facetten, die die Sauerland-Waldroute ausmachen. Und mit ihr vollzog sich auch der finale Lückenschluss. Denn entgegen unseres Etappenplans hatten wir den Fernwanderweg ja nicht an einem seiner Trailheads, sondern an ihrem östlichsten Punkt, auf dem Obermarsberger Eresberg begonnen. Und heute früh, während die Sperrmauer des Diemelsees noch im fahlen Morgenlicht fast unheimlich wirkte, machten wir uns von dort an die letzten 21 Kilometer.

Von der Mauerkrone bis hinunter zur Diemel ist der Weg zwar kurz, aber auch entsprechend abschüssig. Doch im Tal bleibt man nicht lange, denn schon hinter Helminghausen geht es in recht sportlicher Manier den ersten Hang hoch. Welcher Höhenunterschied hier in kurzer Zeit überbrückt wird, macht der Blick von oben auf die Staumauer deutlich, die von hier aus fast zierlich wirkt. Und an der Schutzhütte "Am Brand" entschwindet sie endgültig aus dem Sichtfeld. 

Der Aufstieg setzt sich nun deutlich gemäßigter fort. Dabei öffnet sich ein wunderschönes Wiesental, das den ersten Blick auf Padberg und seine Pfarrkirche St. Maria Magdalena freigibt, die (auch "Padberger Dom" genannt) genauso wie der Ort äußerst malerisch zwischen den Hügeln liegt.

Der Weg dorthin führt anfänglich über einen tollen Waldpfad, der durch das gefallene Herbstlaub zur Zeit bestenfalls erahnt werden kann. Schon sein Einstieg links des Hauptweges ist unauffällig und leicht zu übersehen. Später folgt die Route dem Waldsaum, und das schon deutlich nähergekommene Padberg wird wieder sichtbar. In dessen Ortszentrum wird übrigens nicht nur eine Ladestation für E-Bike-Akkus angeboten, ein Automat hält zusätzlich auch Fahrradschläuche in verschiedenen Größen bereit.

Östlich von Padberg tritt die Diemel wieder in Erscheinung, die seit der Sperrmauer (wohl durch die zwischenzeitlich eingemündene Rhene) deutlich angeschwollen ist. Die Brücke auf die andere Flussseite führt gleichzeitig auch zu einer der luxuriösesten Schutzhütten, die ich je im Sauerland gesehen habe. Und natürlich nutzten wir diese Gelegenheit auch gleich für eine Rast. 

Die zweite Hälfte unseres heutigen Wegs, auf der dann auch leichter Nieselregen einsetzte, wurde von einem weiteren Anstieg eingeleitet. Dieser führt nach Querung der L870 zu einem alten Friedhof. Die dortige Kluskapelle ist der einzig verbliebene Rest einer im 16. Jahrhundert wüst gefallenen Siedlung namens "Niederupsprunge". 

An einer Wegkreuzung wendet sich die Route dann plötzlich erneut nach links ab. Hier, wo sich bis 1940 ein Pferdefriedhof befand, wird der beginnende kleine Pfad jedoch von achtlos abgelagerten Baumstämmen blockiert, die etwas mühsam überklettert werden müssen. Danach führt die Route zwar malerisch, aber dafür einen steilen und rutschigen Waldhang hinunter, an dessen Ende uns ein Wirtschaftsweg aufnahm. 

Nun wartet ein weiterer, nicht zu unterschätzender Anstieg. Durch den zunehmenden Regen und den böiger werdenden Wind war diese Passage (nicht zuletzt auch wegen des sehr aufgeweichten Waldbodens) recht anspruchsvoll. Schließlich tritt man aus dem Wald heraus, wo sich zur linken Seite ein weiter Blick über die Hügellandschaft öffnen würde - hätte uns der Regenschleier heute nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht. 

Aber das Wetter besserte sich wieder, und während wir einem Hangweg folgten, war dann plötzlich der Eresberg zu sehen - beziehungsweise durch den noch vorherrschenden Dunst mehr zu erahnen. Doch dank der Silhouetten von "St. Petrus und Paulus" und der Nikolaikirche konnten wir ihn zumindest eindeutig identifizieren. Das gab uns, während wir den Kalvarienberg umrundeten und sich dabei unser Ziel immer näher und eindrucksvoller präsentierte, noch mal richtig Auftrieb für die letzten Kilometer.

Und die gehören zu dem Eindrucksvollsten, was die gesamte "Waldroute" auf ihren mehr als 260 Kilometern zu bieten hat. Es ist ein Pfad der Superlative. Er windet sich dem Westhang des Eresbergs entlang durch einen Bereich, der stark von Windwürfen gekennzeichnet ist, dadurch aber nur umso wildhafter und ursprünglicher wirkt. Von rechts ragen wiederholt Felsen auf den Weg, während die knorrigen Bäume auf der linken Seite fast schon gänzlich ihr Laub abgeworfen haben und so immer wieder Blicke durch die Äste hinaus in die Weite gestatten.

So führt der Pfad zum "Rittersprung": Ein vorspringender Felsen, von dem sich (der Sage nach) ein von Räubern umstellter Ritter - den Ehrentod einer Gefangennahme vorziehend - mit seinem Pferd ins Diemeltal stürzte, dort aber - wie von Geisterhand geleitet - völlig unversehrt ankam und seinen Verfolgern davonritt. Heute ist der inzwischen gesicherte Felsen einer der schönsten Aussichtspunkte des gesamten Fernwanderwegs. 

Schließlich passiert man mit den Drakenhöhlen einen weiteren mystischen Ort. Denn hier soll Siegfried den Drachen Fafnir erschlagen haben - zumindest, wenn man der entsprechenden Überlieferung eines gewissen Abts Nikolaus aus Tuera glaubt.

Dann verblieben nur noch wenige Schritte um eine Kurve herum und einen kurzen Steig hinauf, bis wir wieder vor dem Buttenturm standen. Dort, wo die Waldroute für uns ihren Anfang nahm und wir (damals noch dank des undurchdringlichen Nebels) vergeblich Ausschau auf das unter uns liegende Marsberg gehalten hatten. 

Jetzt sahen wir nicht nur die Stadt, sondern auch den sich auf ihrer gegenüberliegenden Seite erhebenden Bilstein. Und sofort juckte es uns bei dem Anblick wieder, einfach weiterzulaufen. Genau wie damals, wo wir am Ziel der Hermannshöhen hier auf dem Eresberg ankamen und wir die Sauerland-Waldroute spontan zu ihrer Fortsetzung erkoren.

Und welches Abenteuer erwartet uns als nächstes? Wir wissen es noch nicht, aber die Vorfreude ist schon riesig!

Startpunkt: Diemeltalsperre, Marsberg-Helminghausen,
Zielpunkt: Bahnhof Marsberg.

 

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